Der Erste Weltkrieg: Die Bilanz in Bildern (German Edition) by Guido Knopp
Autor:Guido Knopp [Knopp, Guido]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Edel
veröffentlicht: 2015-02-02T16:00:00+00:00
picture alliance
Der »rote Baron«: Manfred Freiherr von Richthofen
Aufsehenerregender als die Aufklärungstätigkeiten der Luftgeschwader waren jedoch die Luftkämpfe »Mann gegen Mann«. Die Bewaffnung der Flugzeuge wurde weiter verstärkt. Beschossen sich die Piloten anfangs noch mit Pistolen, wurden im weiteren Kriegsverlauf MGs auf Lafetten installiert; dann ermöglichte eine neue Technik, sogar durch die Propeller zu schießen. »Die französischen Flieger griffen uns dauernd an«, erinnerte sich der Veteran Johannes Götzmann. Doch dann sei der deutsche Fliegerheld Manfred Freiherr von Richthofen, der legendäre »rote Baron«, auf den Plan getreten: »Da sah ich, wie der Richthofen mit seinem roten Flieger diesen Schwarm angriff. Er stürzte sich mitten hinein. Wir standen und guckten zu, und im Handumdrehen kippte einer nach dem anderen, insgesamt drei Stück, runter, und er flog unversehrt wieder zurück. Die Franzosen drehten ab, und wir jubelten. Das war wirklich ein Schauspiel.«
Die Männer der Fliegertruppe waren bald auf allen Seiten die Helden der Nation. Die Piloten waren überzeugt, in der Luft einen anderen, einen sauberen Krieg zu führen. Während auf den Schlachtfeldern der Westfront Hunderttausende im Kampf um wenige Meter Boden krepierten, beschworen die Flieger den Mythos ritterlicher Kämpfe. Hoch über dem Schlamm der Schützengräben fochten sie in ihren offenen Flugzeugen tödliche Duelle aus. Über die Fronten hinweg verband die Kombattanten aller Seiten das Gefühl, einem elitären Club anzugehören. Fiel ein abgeschossener Offizier dem Gegner in die Hände, lud man ihn nicht selten in das Offizierskasino ein, bevor er im Gefangenenlager abgeliefert wurde. Als Richthofen abgeschossen wurde, warfen seine britischen Gegner an der Absturzstelle Kränze ab.
FLIEGERPFEILE
Robert Musil beschreibt in seiner Erzählung Die Amsel, wie er einen Angriff mit Fliegerpfeilen erlebte: »In diesem Augenblick hörte ich ein leises Klingen, das sich meinem hingerissen emporstarrenden Gesicht näherte. Natürlich kann es auch umgekehrt zugegangen sein, so dass ich zuerst das Klingen hörte und dann erst das Nahen einer Gefahr begriff; aber im gleichen Augenblick wusste ich auch schon: es ist ein Fliegerpfeil! … Es war ein dünner, singender, einfacher hoher Laut, wie wenn der Rand eines Glases zum Tönen gebracht wird; aber es war etwas Unwirkliches daran; das hast du noch nie gehört, sagte ich mir.«
Doch es blieb nicht bei Luftkämpfen zwischen gegnerischen Flugzeugen. Immer öfter waren nun auch Bodentruppen das Ziel – mit verheerender Wirkung. Anfangs wurden kleine Sprengkörper und Metallpfeile auf die Gegner herabgeschleudert, sogenannte »Fliegerpfeile« – kleine, etwa zwanzig Zentimeter lange Metallspieße, die, wenn sie trafen, ihre Opfer fürchterlich zurichteten. Einmal bahnte sich ein solches Geschoss seinen Weg durch den Körper eines Soldaten vom Halsansatz bis zum Fuß. Bald wurden die ersten Bomben abgeworfen, zunächst noch – wie hier im Bild – per Hand, später wurden sie ausgeklinkt.
Es gab auch die ersten Luftangriffe auf feindliche Städte in Frankreich und England. Neben den Sprengbomben kamen dabei auch Brandbomben zum Einsatz, die insbesondere in England großen Schaden anrichteten. Am 13. Juni 1916 fand der schwerste Luftangriff des Ersten Weltkriegs statt: Um 12 Uhr mittags luden 17 deutsche Großflugzeuge über London ihre tödliche Fracht ab. Bei dem Angriff wurden 594 Menschen getötet oder verletzt – mehr als im ganzen Jahr zuvor.
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